„Nach dem Zuschlag für EXIST-Forschungstransfer wurden wir gleich in das IoT-Accelerator-Programm der Universität Siegen aufgenommen.“
Ob autonom fahrende Autos, die vor Hindernissen ausweichen, oder chirurgische Eingriffe, die durch Roboter ausgeführt werden: In immer mehr Bereichen überlassen wir den Betrieb und die damit einhergehenden Entscheidungen Systemen, die auf künstlicher Intelligenz beruhen. Nur: Inwiefern kann man diesen Entscheidungen vertrauen? Der Lehrstuhl Embedded Systems an der Universität Siegen hat sich im Rahmen seines Forschungsprojekts SEPIA mit dieser Frage beschäftigt und spezielle Hardware entwickelt, die für größtmögliche Sicherheit bei der Anwendung künstlicher Intelligenz sorgen soll. Die beiden Wissenschaftler Dr. Michael Schmidt und Dr. Hamidreza Ahmadian wollen die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten im Rahmen ihrer Unternehmensgründung ESKITEC zur Anwendung bringen.
Herr Dr. Schmidt, Sie beschäftigen sich mit Systemen für sicherheitskritische künstliche Intelligenz. Worum geht’s?
Dr. Schmidt: Wenn wir von sicherheitskritischen Systemen im Rahmen von KI sprechen, meinen wir zum Beispiel die Anwendung von Robotern in der Produktion oder auch in der Medizin, bei der Patientenüberwachung oder in der Chirurgie. Der Punkt ist: Bei solchen Anwendungen muss nicht nur die Software, sondern auch die Hardware, welche die Berechnungen durchführt, zuverlässig funktionieren, damit niemand zu Schaden kommt. Nehmen Sie das Beispiel autonomes Fahren. Hier ermöglicht der Einsatz künstlicher Intelligenz beispielsweise das Erkennen von Fußgängern oder Tieren, die sich auf der Straße bewegen. Entscheidend ist, dass das Fahrzeug dabei schnell, richtig und zuverlässig reagiert. Die Hardware, die für die Steuerung der Lenkung und Bremsen zuständig ist, muss daher hundertprozentig zuverlässig funktionieren. Wenn man sich vorstellt, dass ein Fehler im System dazu führt, dass das Fahrzeug nicht rechtzeitig reagiert, können schwerwiegende Unfälle passieren.
Und damit sind wir bei unserem Forschungsgegenstand, der so bisher noch nicht am Markt als Produkt realisiert wurde. Wir entwickeln hier eine Hardware auf Basis eines FPGAs, die in sicherheitskritischen Systemen integriert wird und dafür sorgt, dass die KI sicher ausgeführt wird. FPGA steht für Field Programmable Gate Array. Den kann man sich wie eine Leiterplatte vorstellen, die man mittels einer Hardwarebeschreibungssprache frei konfigurieren kann. Anstelle der Leiterplatte passiert das aber alles auf einem speziellen Chip, dem FPGA. Da alles auf einem Chip integriert ist, ist dieser auch sehr schnell bei der Ausführung von parallelen Berechnungen. Dies ist auch der Fall bei neuronalen Netzen, welche die Basis für die heutige künstliche Intelligenz darstellen.
Welche Branchen haben Sie im Visier?
Dr. Schmidt: Wir adressieren zum einen den Industriesektor, die Gebäudeautomatisierung, aber auch Felder wie die Medizintechnik oder den Automobilsektor. Die sind für uns super interessant. Das Faszinierende für mich ist aber, dass wir eigentlich keine spezielle Branche favorisieren, sondern in fast allen Bereichen des täglichen Lebens – sei es im Verkehr, in Gebäuden oder in der Medizin – zu mehr Sicherheit beitragen können.
Sie erhalten EXIST-Forschungstransfer. Wozu nutzen Sie die Förderung?
Dr. Schmidt: Neben der Finanzierung notwendiger Sachausgaben können wir dank EXIST auch die Personalausgaben für uns selbst sowie für unsere drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stemmen. Außer Hamid und mir besteht das Team aktuell aus Vignesh Gogulavasan, der sich um die Bereiche künstliche Intelligenz und neuronale Netze kümmert. Außerdem konnten wir Yabing Xu für das Projekt gewinnen, die die betriebswirtschaftlichen Aspekte in Angriff nimmt und mit uns zusammen am Geschäftsmodell, Finanzierungsplan, Investorenprofil usw. arbeitet. Der Schwerpunkt von Darshak Sheladiya liegt auf der Hardwareentwicklung. Alle in unserem Team sind hoch motiviert und kompetent. Das ist wirklich toll.
Bei Ihren Gründungsvorbereitungen werden Sie vom Gründerbüro der Universität Siegen unterstützt. Wie sieht diese Unterstützung aus?
Dr. Schmidt: Zunächst einmal hat uns das Gründerbüro bei der Beantragung von EXIST-Forschungstransfer sehr geholfen. Nachdem wir dann den Zuschlag im Juni 2020 erhalten haben, wurden wir gleich in das IoT-Accelerator-Programm aufgenommen. Damit unterstützt die Universität Siegen bzw. das Gründerbüro unter dem Dach der regionalen Gründungsinitiative Startpunkt57 wissens- und technologiebasierte Gründungsvorhaben. So können wir zum Beispiel Räumlichkeiten im SUMMIT nutzen. Das ist ein neuer Bürokomplex in Siegen, in dem unter anderem fünf etablierte Hightech- und IT-Unternehmen ihren Sitz haben. Die Universität Siegen hat dort Büroräume gemietet, um ihren Start-ups dadurch den Zugang zur Industrie zu erleichtern.
Und, haben Sie bereits Kontakte geknüpft?
Dr. Schmidt: Ja, für uns hat sich der Aufenthalt dort schon gelohnt. Wir haben ein junges Unternehmen kennengelernt, mit dem wir zusammen ein Projekt im Bereich Gebäudeautomatisierung in Angriff genommen haben. Konkret geht es um automatische Türen. Auch dabei handelt es sich ja um ein sicherheitskritisches System, bei dem man sicherstellen muss, dass die Türen beim Öffnen und Schließen keinen Menschen verletzen. Dieses gemeinsame Projekt ist auch der Grund dafür, dass wir bereits im Januar 2022 unser Startup ESKITEC gründen werden.
Wer betreut Sie rund um Ihre Unternehmensgründung?
Dr. Schmidt: Da gibt es zum einen unseren Mentor im Gründerbüro, den wir regelmäßig treffen, um uns über unsere Ideen und die nächsten Schritte auszutauschen. Das klappt sehr gut. Außerdem stehen uns zwei Mentoren aus dem ventUS-Programm zur Verfügung, die beide aus der Mikrochipentwicklung kommen und uns bei unserem Geschäftsmodell, Go-to-Market-Strategien usw. helfen.
Wo steht Ihr Unternehmen aktuell? Und wie sehen die nächsten Schritte aus?
Dr. Schmidt: Die zweite Phase von EXIST-Forschungstransfer wurde im September bewilligt. Ein großes Thema ist aktuell die Vorbereitung der Investorengespräche. Dafür erstellen wir gerade eine Art Investorenprofil, um gezielt auf potenzielle Investoren zuzugehen. Auch dabei werden wir vom Gründerbüro Siegen unterstützt. Das Ganze wollen wir bis Ende des Jahres abgeschlossen haben, inklusive Pitch-Deck, so dass wir im Januar 2022 ausgewählte Investorinnen und Investoren kontaktieren können.
Zu guter Letzt: Welche Tipps können Sie anderen Gründungsteams geben?
Dr. Schmidt: Ich kann auf jeden Fall die FoundersClasses vom High-Tech Gründerfonds empfehlen. Die Webinar-Reihe bietet wirklich sehr interessante Vorträge zum Beispiel zur Übertragung von IP- bzw. Patentrechten von Hochschulen auf Start-ups oder zur Berechnung unternehmerischer Kennzahlen. Ein anderer Tipp ist, immer nach Hilfe zu fragen, wenn man nicht weiterweiß. Damit haben wir bei uns an der Uni Siegen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Stand: November 2021
Die Initiative Exzellenz-Start-up-Center NRW fördert das Projekt „EnableUS“ der Universität Siegen.
- Start-up Talk
- Interview mit Dana Aleff, Co-Founderin der Circonomit GmbH
- Interview mit Pia Hildebrandt, Co-Founderin der concepte Solutions GbR
- Interview mit Moritz Schmidt, Co-Founder der utilacy GmbH
- Interview mit Tobias Barg und Dr. Felix Sümpelmann, Co-Founder der aalto Health GmbH
- Interview mit Dr. Katharina C. Cramer, Gründungsteam Tiller Alpha
- Interview mit Felix Kathöfer, Co-Founder der KATMA CleanControl GmbH
- Interview mit Ronja Weidemann, Fabienne Ryll und Abirtha Suthakar, Gründungsteam PhosFad
- Interview mit Benjamin Kasten, Co-Founder der ladeplan UG (haftungsbeschränkt)
- Interview mit Prof. Dr. Rafael Kramann, Prof. Dr. Rebekka Schneider, Co-Founder der Sequantrix GmbH
- Interview mit Yasin Demir, Co-Founder der GreenDeal GbR
- Interview mit Katharina von Stauffenberg, Co-Founderin von comuneo
- Interview mit Sven Maihöfer, Co-Founder der xemX materials space exploration GmbH
- Interview mit Dr. Johannes Wappenschmidt, Co-Founder der Vintus GmbH
- Interview mit Tobias Burger, Co-Founder der red cable robots GmbH
- Interview mit Philipp Pflüger, Co-Founder der ChemInnovation GmbH
- Interview mit Deniz Ates, Co-Founder der Who Moves UG (haftungsbeschränkt)
- Interview mit Jakob Vanhoefer, Gründer der LightningPose GmbH
- Interview mit Dr. Reza Esmaillie, Co-Founder der Detechgene GmbH
- Interview mit Lukas Klaßen, Co-Founder von „Knowledge in a Box“
- Interview mit Dr. Philipp Wrycza, Co-Founder der Logistikbude GmbH
- Interview mit Christoph Milder, DEVITY-Team
- Interview mit Jonas Spieth, Co-Gründer der lodomo GmbH
- Interview mit dem Gründungsteam der Laminar Solutions UG (haftungsbeschränkt)
- Interview mit Alexander Pöhler und Xiaojun Yang, Gründungsteam der assemblean GmbH
- Interview mit Marc Leonard Leineweber, Gründungsteam HoLa
- Interview mit Dr. Niklas Hellemann, Co-Founder der SoSafe
- Interview mit Hendrik Bissing, Gründungsteam SLVISIONS
- Interview mit Elena Kirchner, Co-Gründerin der umaversum reproductive health GmbH
- Interview mit Gerrit Agel, Co-Gründer der CYBRID GbR
- Interview mit Lena Benecken, Co-Gründerin der EASI Control GmbH
- Interview mit Sinem Atilgan, Co-Grünerin der 4traffic SET GmbH
- Interview mit Doris Korthaus, Co-Gründerin der Korthaus Pumpen GmbH
- Interview mit Dr.-Ing. Friederike Kogelheide, Gründungsteam Glim Skin
- Interview mit Moritz Schmidt, Teammitglied von Gemesys
- Interview mit Dr. Alexander Schneider und Michael Birkhoff, Co-Gründer der schnaq GmbH
- Interview mit dem Gründungsteam von Acuire
- Interview mit Dr.-Ing. Peter Schlanstein und Niklas Steuer, Co-Gründer der HBOX Therapies GmbH
- Interview mit Sven Wauschkuhn, Co-Gründer der Excellence Coatings GmbH
- Interview mit Anne Janser, Co-Gründerin von WorXplorer
- Interview mit Paul Sabarny und Lilian Schwich, Gründungsteam der cylib GmbH
- Interview mit Stefan Paulus, Co-Gründer der azernis GmbH
- Interview mit Steffen Gerlach, Co-Gründer der EEDEN UG (haftungsbeschränkt)
- Interview mit Sandra Stoppert, Gründerin von „Grünes Konfetti“ und „Tanzraum Remscheid“
- Interview mit Dr. David Dung, Gründungsteam Midel Photonics
- Interview mit Dr. Michael Schmidt, Co-Gründer von ESKITEC
- Interview mit Magnus Schückes, Co-Gründer der Elona Health GmbH
- Interview mit Alexander Haufschild, Co-Gründer der socialbnb GmbH
- Interview mit Jan Bernholz, Co-Gründer der eseidon GmbH“
- Interview mit Dr. Robert Brüll, Co-Gründer der FibreCoat GmbH
- Interview mit Dr. Matthias Kiel, Geschäftsführer der qubeto GmbH
- Interview mit Marius Ruhrmannm, Geschäftsführer der MapAd GmbH
- Interview mit Sigrid Dispert, Gründungsteam Memogic
- Interview mit Nathalie Prokop, Co-Gründerin von noho
- Interview mit Michael Rieger, Co-Gründer der FreeD Printing GmbH
- Interview mit Dr. Timo Bathe und Alexander Ott, die Gründer der [Tool]Prep UG (haftungsbeschränkt)
- Interview mit Sarah Theresa Schulte, Co-Gründerin der AllCup GbR
- Interview mit Christoph Seidenstücker, Co-Gründer der Pixel Photonics UG
- Jochen Schwill, Next Kraftwerke GmbH
- Thomas Roth, Co-Gründer des Medizintechnik-Start-ups InnoSurge AC
- Start-up Profiles