„Als wir uns dazu entschieden hatten, ein Start-up zu gründen, stand uns mit enaCom ein wirklich umfangreiches Informations- und Beratungsangebot zur Verfügung.“

v.l.n.r.: David Goldschmidt, Finn Rübo, Jakob Endler und Lukas Stein
© Datapods GmbH

Dass Online-Shops, Suchmaschinen, Social-Media und alle weiteren Webangebote jede Menge persönliche Daten über ihre Nutzerinnen und Nutzer sammeln, ist weithin bekannt. Nur: Um was für Daten handelt es sich genau? Und wie kann ich selbst entscheiden, was mit meinen Daten passiert?  Diese und weitere Fragen beantwortet die App, die das Gründungsteam von Datapods entwickelt hat. Mit Unterstützung des Transfer Centers enaCom der Universität Bonn bereiten sich Finn Rübo, Lukas Stein, David Goldschmidt und Jakob Endler gerade auf ihren Markteintritt vor. Gefördert werden sie dabei durch Start-up Transfer.NRW.

Herr Rübo, Herr Goldschmidt, Sie entwickeln zusammen mit Ihren Co-Foundern eine App, mit der man die Kontrolle über seine persönlichen Daten zurückgewinnen können kann. Worum geht es dabei?

Rübo: Hintergrund ist, dass aus unserer Sicht die Verbraucherinnen und Verbraucher viel zu wenig darüber wissen, was mit ihren persönlichen Daten im Internet passiert. Laut der DSGVO, der Datenschutzgrundverordnung, und dem Digital Markets Act der EU sind insbesondere die großen Digitalunternehmen dazu verpflichtet, ihre Nutzerinnen und Nutzer darüber zu informieren, welche ihrer persönlichen Daten von den Unternehmen gespeichert werden. Nur leider ist es so, dass die Unternehmen kaum ein Interesse daran haben, diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie machen es den Nutzerinnen und Nutzern daher sehr schwer, an diese Daten zu kommen. Wenn man zum Beispiel ein Android Smartphone besitzt und seit mehreren Jahren Google Maps nutzt, stellt einem Google keine klar verständliche Übersicht zur Verfügung, die zeigt, wo man sich überall aufgehalten hat. Stattdessen erhält man Millionen Datenpunkte, die kein Mensch versteht.

Goldschmidt: Unser Ziel ist es daher, für mehr Transparenz zu sorgen, indem wir die sehr umfangreichen Datenmengen so aufbereiten, dass auch IT-Laien sie verstehen können. Praktisch sieht das so aus, dass man sich in unserer App einloggt und einen Account erstellt. Damit wird ein sogenannter Datapod erstellt, der eine Verbindung zu Google, Instagram und Facebook, mittelfristig auch zu Amazon und TikTok, herstellt. Über diese Verbindung erhält man dann eine gut verständliche Übersicht seiner persönlichen Daten, die bei dem jeweiligen Unternehmen gespeichert sind.

Müssen Sie dafür Google und Co. kontaktieren und Verhandlungsgespräche führen?

Rübo: Nein, das ist nicht notwendig. Die Unternehmen sind laut EU-Recht dazu verpflichtet, genau für diese Zwecke eine API zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich um eine Schnittstelle, mit der andere Softwaresysteme automatisch eine Verbindung zum Beispiel zum Google-System herstellen können.

O.k., zurück zu Ihrer App: Mit der erhält man einen transparenten Überblick darüber, welche Informationen das Digitalunternehmen xy über einen gespeichert hat. Wie geht es dann weiter?

Rübo: Mittelfristig möchten wir unser Tool dahingehend weiterentwickeln, dass man seine Daten selbst verwalten und zum Beispiel löschen lassen kann. Wir überlegen also eine zahlungspflichtige Personal-Information-Management-Lösung anzubieten.

Ein anderes Thema, mit dem wir uns beschäftigen, betrifft den Handel mit Daten. Bekanntermaßen haben die großen Player wie Google, Facebook oder Amazon Zugriff auf sehr, sehr viele Daten, die überwiegend dazu benutzt werden, möglichst genaue Zielgruppen für Werbekunden zu identifizieren. Im Unterschied dazu ist beim Handel mit Daten noch viel Luft nach oben, denn natürlich möchten nicht nur die großen, sondern auch die zahlreichen mittelständischen IT-Unternehmen wissen, welche Daten die Konkurrenz hat oder welche Daten im eigenen Bestand noch fehlen und ergänzt werden sollten – sei es um das Targeting für Werbekunden oder die Marktforschung zu verbessern. Nur: Bisher sieht es auf dem Datenmarkt so aus, dass die Nutzerinnen und Nutzer weder von den Transaktionen erfahren noch finanziell daran beteiligt werden. Das möchten wir ändern. Unsere Idee ist es, pseudonymisierte Datensätze zu erstellen und an Unternehmen zu verkaufen. Vorausgesetzt natürlich, die Nutzerinnen und Nutzer stimmen dem zu. Aus dem Erlös, den wir daraus erzielen, erhalten sie dann einen bestimmten Prozentsatz.

Werfen wir einen Blick zurück: In welchem Kontext ist die Idee für Ihre App entstanden?

Rübo: Die Idee zu persönlichen Daten-Wallets und Daten-Marktplätzen hatten wir schon länger, aber so richtig ernst wurde es eigentlich erst als wir 2023 an der T-Challenge der Deutschen Telekom und T-Mobile teilgenommen haben. Wir waren eines von 20 Teams, die aus über 280 Bewerbungen ausgewählt worden waren. Die Teilnehmenden kamen wirklich aus der ganzen Welt. Wir als Bonner hatten da mit Abstand die kürzeste Anreise. Im Rahmen der Challenge konnten wir dann wirklich professionell und intensiv an den technischen Anforderungen arbeiten und überlegen, welches Geschäftsmodell dazu passen könnte. Unterstützt wurden wir dabei von Expertinnen und Experten der Telekom. Als wir dann auch noch eine Auszeichnung für die „Most Customer-Centric Solution“ und einen Geldpreis über 50.000 Euro erhielten, war für uns klar, dass wir weitermachen werden.

Sie sprechen von „wir“. Wer steckt hinter Datapods?

Goldschmidt: Das sind außer Finn und mir noch Lukas Stein und Jakob Endler. Wir kennen uns alles schon sehr lang, zum Teil noch aus der Schulzeit. Während des Studiums haben wir dann angefangen, uns für Start-ups zu interessieren. Daraus ist der Studierendenverein Science to Startup Bonn e.V. entstanden, den wir 2019 an der Uni Bonn mitgegründet haben. Mit unseren Veranstaltungen haben wir damals über 3.000 Studierende erreicht.

Unsere Studienwege waren allerdings sehr unterschiedlich. Jakob hat bei der Telekom im Rahmen eines Dualen Studiums Telekommunikationsinformatik studiert. Lukas hat zunächst seinen Bachelor in Volkswirtschaft an der Uni Bonn absolviert und war anschließend für sein Masterstudium an der London School of Economics. Finn hat Jura an der European Business School in Wiesbaden studiert und ich hatte mich für ein Betriebswirtschaftsstudium an der Universität Sankt Gallen entschieden und einen Master in Banking and Finance im Doppelstudium mit der École des Hautes Ètudes Commerciales Paris absolviert. Datapods hat uns dann alle wieder nach Bonn gebracht.

Und dort haben Sie dann Kontakt zu enaCom an der Uni Bonn aufgenommen?

Rübo: Wir kannten die enaCom schon über unser Engagement für Science to Startup Bonn e.V. Damals war die enaCom noch deutlich kleiner. Inzwischen ist sie viel breiter und besser aufgestellt. Das war natürlich toll für uns. Als wir uns im Frühjahr 2023 dazu entschieden hatten, unsere Idee weiterzuentwickeln, stand uns ein wirklich umfangreiches Informations- und Beratungsangebot zur Verfügung – auch zum Thema Förderung. Das enaCom-Team hat uns zum Beispiel sehr bei der Suche nach einem geeigneten Förderprogramm geholfen. Nachdem dann im Juni 2023 die Wahl auf Start-up Transfer.NRW gefallen war, hat uns enaCom intensiv bei der Antragstellung und bei der Suche nach einem wissenschaftlichen Mentor unterstützt. Das hat uns enorm geholfen.

Gab es denn auch besondere Hürden, mit denen Sie nicht gerechnet hatten?

Goldschmidt: Wir haben festgestellt, dass ein ansprechendes Design oftmals viel wichtiger ist als die Funktionalitäten einer App. Das Design verleitet Nutzerinnen und Nutzer dazu, die App auch tatsächlich zu nutzen. Obwohl insbesondere Lukas tolle Design-Ideen mitbringt, ist es dennoch überraschend schwierig, die Nutzerreise zu leiten. Bei solchen praktischen Problemen hilft es enorm, dass enaCom Workshops mit Expertinnen und Experten aus der Praxis organsiert, die bei genau solchen Problemen Abhilfe schaffen und Inspiration bieten.

Und wie sieht es aus mit rechtlichen Fragen?

Rübo: Beim Handel mit persönlichen Daten bewegen wir uns in einem rechtlich relativ komplexen System. Wobei wir den Eindruck haben, dass sich viele Unternehmen in der Praxis derzeit nicht an die rechtlichen Vorgaben halten. Nach geltendem Recht müssen die Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel detailliert über die Transaktionen informiert werden und explizit der Vermarktung der Daten zustimmen. Die damit verbundenen Informationspflichten und Aufgaben sind natürlich ziemlich aufwändig. Aktuell arbeiten wir zum Beispiel daran, rechtskonforme Vertragsmuster sowohl in Relation zu unseren Nutzerinnen und Nutzern als auch zu den datenkaufenden Unternehmen zu entwickeln.

Wie soll es denn darüber hinaus weitergehen? Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Rübo: Das Interesse an unserer Idee, an unserer App ist wirklich ungebrochen hoch, ob bei Investorinnen und Investoren oder bei Unternehmen. Dazu beigetragen hat natürlich auch die Auszeichnung letztes Jahr durch die Telekom. Jetzt müssen wir schauen, dass unsere App auch bei den Nutzerinnen und Nutzern gut ankommt und sie Gebrauch davon machen.

Goldschmidt: Wir werden noch bis zum 31. März 2025 durch Start-up Transfer.NRW gefördert und sind gerade dabei, uns um eine Anschlussfinanzierung zu kümmern. Das ist insofern etwas herausfordernd, weil wir mit unserem Geschäftsmodell sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen adressieren. Was die privaten Nutzerzahlen angeht, brauchen wir eine kritische Masse, die potenzielle Investorinnen und Investoren überzeugt. Daran arbeiten wir aktuell unter anderem.

www.datapods.app/de

Stand: Dezember 2024

Die Initiative Exzellenz Start-up Center.NRW fördert die Projekte „U Bo Grow“ und „BoHAIMe“ an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.